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Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft (B.A.)

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Daniil Charms „Das Blaue Heft Nr. 10“ – Ansätze der Allgemeinen Literaturwissenschaft

Daniil Charms (1905-1942, eigentlich Daniil Juwatschow) war ein russischer Dichter, der seit den 1920er Jahren in der Leningrader Avantgarde-Szene aktiv war. Er beschäftigte sich mit translogischen Laut- und Wortexperimenten im Geist des Futurismus, konzipierte gemeinsam mit befreundeten Künstlern quasi-dadaistische Aktionen und erprobte in Prosa-Miniaturen Logiken des Absurden. Im kulturpolitischen Klima des Stalinismus waren solche Schreibweisen nicht erwünscht. Die Publikation von Charms’ Werken wurde durch die Zensur weitestgehend verboten, er selbst wurde mehrfach verhaftet, 1942 kam er in der Haft ums Leben. Seine Texte loten die Grenzen und Möglichkeiten der Darstellbarkeit der Welt aus und kommentieren die totalitäre Realität der Sowjetunion.

Der vorliegende Textausschnitt Das Blaue Heft Nr. 10 aus dem Jahre 1939 entstammt dem Zyklus Fälle.

Es war einmal ein rothaariger Mann, der hatte keine Augen und keine Ohren. Haare hatte er auch keine, so daß man ihn nur bedingt einen Rotschopf nennen konnte.
Sprechen konnte er nicht, denn er hatte keinen Mund.
Eine Nase hatte er auch nicht.
Er hatte nicht einmal Arme und Beine. Und er hatte keinen Bauch und er hatte keinen Rücken, und er hatte kein Rückgrat und Eingeweide hatte er auch nicht. Überhaupt nichts hatte er! So daß man gar nicht versteht, von wem die Rede ist.
Besser, wir sprechen nicht mehr von ihm.

Daniil Charms: Fälle, Reclam, Stuttgart 2013.
In Charms’ Beschreibung einer Person werden deren Erscheinungsmerkmale aufgerufen und sofort wieder negiert. Die folgenden Fragen beschäftigen sich auf unterschiedliche Weise mit diesem Phänomen. Sie repräsentieren damit unterschiedliche Teilbereiche der Literaturwissenschaft. Ordnen Sie die Fragen je einem solchen Teilbereich zu.

Rezeptionsästhetik

 

Die Rezeptionsästhetik ist ein Ansatz der Literaturtheorie, der sich mit der Aneignung literarischer Texte durch Lesende und den im Werk angelegten Rezeptionsweisen und Adressatenmodellen befasst. Im Zentrum steht der Rezeptionsprozess: Annahme ist, dass Texte Appellstrukturen aufweisen, welche die Leserin dazu anregen, Hypothesen über das fiktionale Geschehen zu bilden und dass Texte „Leerstellen“ enthalten, die von den Adressierten konkretisiert werden müssen.

Poetik

 

Die Poetik ist die Lehre von der Dichtkunst, den Formen, Funktionen und Verfahren der Literatur. Das beinhaltet zwei Aspekte: Normative Poetiken stellen einen Kanon von Regeln auf, der die Produktion und die Bewertung von Texten reguliert. Derartige Poetiken gab es historisch gesehen vor allem bis zum 18. Jahrhundert. Seitdem hat sich der Fokus verschoben, und wir verstehen unter Poetik eher die Analyse der formalen Spezifiken literarischer Texte. Dabei wird Literatur nicht als Nachahmung oder Abbild einer vorgegebenen Wirklichkeit oder einer Autorenpersönlichkeit verstanden, sondern ihr Potential zur Herstellung fiktionaler Welten untersucht.

Literaturgeschichte

 

Der doppeldeutige Begriff der Literaturgeschichte bezeichnet sowohl den Gegenstand, den historischen Prozess der Literatur, als auch den Vorgang seiner Erkenntnis, Deutung und Darstellung durch die Literaturgeschichtsschreibung. Bereits die Mehrdeutigkeit des Literaturbegriffs weist darauf hin, dass es von jeder Epoche und Gattung eine Vielzahl möglicher Geschichten geben kann. Literaturgeschichte kann sich zum Beispiel text- und werkimmanent mit Stoff-, Motiv- und Gattungsgeschichten, oder mit den Bedingungen literarischer Produktion und dem Wechselverhältnis zwischen literarischem Werk und historischem Kontext beschäftigen.

1.

Inwiefern kann das Verschwinden der Figur als Aussage über konkrete historische Ereignisse in der totalitären Sowjetunion verstanden werden? Ermöglicht sie auch Aussagen zum modernen Begriff des Subjekts allgemein? Welcher literarischen Strömung lässt sich der Text zuordnen?

2.

Wird eine Leserin direkt angesprochen? Welche Herausforderungen stellt der Text an die Einbildungskraft der Lesenden? Wodurch entsteht die Lust am Text?

3.

Inwiefern repräsentiert der Text eine "Realität"? Was ist eigentlich der "Gegenstand" der Erzählung? In welchem Verhältnis steht die Form der Erzählung zu ihrem Inhalt? Welche Aussagen erlaubt der Text über die sprachliche Darstellbarkeit des Körpers?

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