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Margarita Veer, Internal Communicator in Japan
Stellen Sie Ihren Beruf kurz vor. Skizzieren Sie Ihren Berufsalltag (typische Tätigkeiten, Arbeitszeiten etc.).
Ich arbeite seit Oktober 2013 als Internal Communicator in einem der japanischen Standortorte des weltweit größten Baumaschinenherstellers Caterpillar.
Als Internal Communicator bin ich für die reibungslose Kommunikation zwischen meinem Standort und den ausländischen Unternehmensstandorten zuständig. Das klingt zunächst ein wenig abstrakt und um ehrlich zu sein habe ich selbst einige Wochen gebraucht, um dahinter zu kommen, welche Aufgaben denn nun genau in meinen Verantwortungsbereich fallen; und auch jetzt, 9 Wochen nach meinem ersten Arbeitstag, tauchen alle paar Tage neue Aufgaben auf, die von mir erledigt werden wollen. Das liegt unter anderem auch daran, dass meine Stelle neu geschaffen wurde und die Kommunikationsstrategie in diesem Standort noch in den Kinderschuhen steckt.
Mein Zuständigkeitsbereich ist breit gefächert: Ich bin für die Verfassung des monatlichen Newsletters zuständig, für die Integrierung der Angestellten meines Standorts in das globale Unternehmen, die Erleichterung der Zusammenarbeit zwischen dem japanischen Standort und ausländischen Standorten, und, was wohl der wichtigste Bestandteil meiner Arbeit ist, die Unterstützung bei der Umsetzung des Integrationsprozesses in das globale Unternehmen. Der japanische Standort in Akashi begann nämlich vor 50 Jahren als Joint Venture zwischen Caterpillar und Mitsubishi Heavy Industries und wurde erst letztes Jahr vollständig in das globale Unternehmen integriert. In diesem Zuge wurde meine Stelle auch erst neu geschaffen, um dafür zu sorgen, dass nicht nur der formelle Unternehmensstrukturwandel umgesetzt wird, sondern auch die direkte Kommunikation zwischen Japan und in diesem Falle besonders den USA stark gefördert wird. Zentrale Herausforderungen dabei sind nicht nur sprachliche, sondern in erster Linie kulturelle Kommunikationsbarrieren.
Was mir an meinem Beruf am besten gefällt, ist die Zusammenarbeit mit Menschen völlig unterschiedlicher Unternehmensbereiche und Stellung. Ich kann morgens eine Telefonkonferenz mit der globalen Leiterin der HR-Abteilung führen und im direkten Anschluss daran neu eingestellte Fließbandarbeiter für den Newsletter interviewen. Das sorgt für viel Abwechslung und erfordert viel Flexibilität im Berufsalltag. Langweilig geworden ist mir auf der Arbeit jedenfalls bisher noch nie.
Warum haben Sie sich seinerzeit für ein Japan-Studium entschieden?
Interesse.
Ich habe mir vor meiner endgültigen Entscheidung für meinen Studiengang die Frage gestellt, was mir wichtiger ist: Leidenschaft für den Studieninhalt oder ein Studienabschluss, der mir den Berufseinstieg erleichtert und eine höhere Gewissheit auf berufliche Sicherheit gewährleistet. Ich habe mich für die erste Option entschieden.
Wann haben Sie sich für Ihren aktuellen Beruf entschieden und haben sich Ihre Erwartungen daran, ggf. aus Ihrer Zeit als Studierender erfüllt?
Ehrlich gesagt: Während der ersten 3 Jahre meines Studiums habe ich mir keine festen Vorstellungen zu meinem späteren Berufsleben gemacht. Mir sind viele unterschiedliche Beispiele möglicher Berufswege begegnet, jedoch fiel es mir schwer, mich für eines von ihnen zu begeistern. Ich gebe zu, dass ich zwischendurch Sorge hatte, jemals etwas zu finden, das mir Spaß machen würde – oder überhaupt irgendetwas zu finden.
Das änderte sich erst mit einem Gespräch, das ich mit meinem Supervisor während eines Praktikums bei Bosch in Japan führte, in dem er mehr nebenbei bemerkte, dass er meine Stärken im Bereich der Unternehmenskommunikation sehe. Schon vor diesem Praktikum, als ich mich noch nach Weiterbildungsmöglichkeiten im Zuge eines nicht-konsekutiven Masters umsah (und feststellen musste, dass nicht-konsekutive Masterstudiengänge entweder extrem eingeschränkt oder extrem teuer sind), hatte ich mich für Unternehmenskommunikation interessiert. Allerdings war ich nicht davon ausgegangen, dass ich mit meinem Studienprofil für eine Beschäftigung in diesem Bereich geeignet war.
Dabei handelte es sich jedoch schlichtweg um eine Fehleinschätzung. 4 Monate nach meinem Praktikum bei Bosch und nach erfolgreichem Abschluss meines Studiums fand ich mich so in einer Festanstellung als Communicator bei Caterpillar in Japan wieder.
Was ist Ihrer Meinung nach das Wichtigste, das Sie während des Studiums für Ihren aktuellen Beruf gelernt haben? Was hat gefehlt?
Für meinen Beruf sind Sprachkenntnisse und Kenntnisse über kulturelle Aspekte Japans essenziell. Diese habe ich sowohl während meiner Studienzeit an der FU, als auch während meines Auslandsstudiums in Tokyo erwerben können. Auch die Kenntnisse, die ich durch mein affines Modul in den Betriebswissenschaften erworben habe und gelegentlich sogar noch aus den Tiefen meines Gedächtnisses abrufen kann, sind des öfteren von gutem Nutzen.
Welche Zusatzqualifikationen sollte man schon während des Studiums erwerben, die für Ihren jetzigen Berufszweig nützlich oder essentiell sind?
Ich kann nur die gleichen Ratschläge geben, die vermutlich auch jeder andere geben wird:
Praktika und ehrenamtliche Tätigkeit.
Bei ersterem ist wichtig, nicht allzu viel herumzuexperimentieren und sich um Konsistenz zu bemühen. Natürlich bieten Praktika immer eine Chance, in unterschiedliche Berufsfelder hereinzuschauen und zu testen, ob man sich diese Tätigkeit auch als späteren Beruf vorstellen kann. Leider steht dieser eigentliche Sinn eines Praktikums mittlerweile hinter dem Profilieren gegenüber anderen Bewerbungskandidaten zurück.
Bei ehrenamtlicher Tätigkeit (sofern neben Studium und Nebenjob denn Zeit dafür bleibt) gilt ähnliches. Am Sinnvollsten ist es, derselben Tätigkeit über einen langen Zeitraum nachzugehen. Versucht, etwas zu finden, das euch Spaß macht und sinnvoll erscheint. Es muss nicht immer das Aufsammeln von Müll auf öffentlichen Plätzen sein. Es gibt eine unwahrscheinlich große Auswahl an unterschiedlichen Arten ehrenamtlicher Tätigkeit. Hört euch um und versucht, euch einmal im Monat, oder ein mal alle zwei Monate, für etwas zu engagieren.
Was speziell für einen Communicator in meinem Unternehmensumfeld wichtig ist, sind Sprachkenntnisse; und natürlich Kommunikationsfreudigkeit. Aber letzteres kommt wohl mehr mit dem Charakter, als dass man es sich antrainieren kann.
Gibt es etwas im Studium, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
All die wundervolle Flexibiltät meiner Freizeitplanung! Ich genieße mein Leben in Japan, aber die Unflexibilität im Beruf und auch die Überstunden machen mir Planungen im Privatleben wirklich nicht leicht.
Was ich ebenfalls sehr wertgeschätzt habe ist die breite Auswahl an Zusatzkursen und im Nachhinein bereue ich doch ein wenig, diese nicht besser genutzt zu haben. Ist man erst einmal im Berufsleben, fehlt oft die Zeit sich über die Grenzen seines Berufs hinaus weiterzubilden, ganz abgesehen davon, dass Bildung unheimlich teuer sein kann. Ich weiß, dass man mit den Pflichtkursen und dem oft nicht verzichtbaren Studentenjob alle Hände voll zu tun hat, denn mir selbst ging es nicht anders. Mittlerweile denke ich allerdings, dass ein weiteres Semester Studienzeit mir keine Nachteile in der Jobsuche verschafft und mir dahingegen die Möglichkeit gegeben hätte, mir Kenntnisse in einer weiteren Fremdsprache oder vertiefendes Wissen in dem Bereich der Ostasienwissenschaften (in meinem Fall über China und Korea) anzueignen.
Welchen Rat würden Sie Studienanfängerinnen und Studienanfängern geben, die später ebenfalls Ihren Beruf ausüben möchten?
Ich will zunächst ein paar konkrete Ratschläge geben, die euch weiterhelfen könnten.
Ich bin mir sehr sicher, dass ich meine jetzige Anstellung besonders auch dem Namen Bosch auf meinem Lebenslauf verdanke. Ursprünglich hatte ich mich auf dieses Praktikum besonders deswegen beworben, da ich vor Ort in Japan auf Jobsuche gehen wollte. Das Praktikum war bezahlt und stattete mich mit einem Visum aus. Mein Supervisor nahm die Regelung, Praktikanten vor Überstunden zu verschonen, glücklicherweise sehr ernst, sodass ich nebenbei meine Bachelorarbeit fertigstellen konnte.
Allerdings hätte ich ohne dieses Praktikum sicherlich weniger Erfolg in meiner Berufssuche gehabt. Auch die Erfahrungen, bereits einmal 40 Stunden die Woche in einem japanischen Berufsumfeld gearbeitet zu haben und mit gewissen Prozessen bereits vertraut zu sein, hat eindeutige Vorteile in der Ausübung meines jetzigen Berufs.
Ich rate also ganz konservativ und langweilig jedem dazu, möglichst viele Erfahrungen außerhalb des Studiums zu sammeln. Vergesst auch nicht, dass ehrenamtliches Engagement (abgesehen von einem potenziellen Netzwerk auch in Wirtschaftskreise) im Zweifelsfall einen Vorteil gegenüber anderen Kandidaten schafft.
Und bei Praktika gilt natürlich immer: Je bekannter das Unternehmen, desto besser. Ein noch so spannendes und lehrreiches Praktikum kann eurem zukünftigen Arbeitgeber wertlos erscheinen, wenn er mit dem Unternehmen nichts anfangen kann (die Betonung liegt auf „kann“!).
Für diejenigen unter euch, die gerne in Japan arbeiten würden, noch ein paar spezielle Tipps:
Japanische Bewerbungsprozesse unterscheiden sich grundlegend von europäischen (oder vermutlich den Bewerbungsprozessen in nahezu jedem anderen Land...). Als Universitätsabgänger ohne bisherige Festanstellung werdet ihr von einem japanischen Arbeitgeber automatisch als neuer Graduierter eingestuft. Für diese Bewerbergruppe gibt es in Japan einen festen Bewerbungszeitplan, der vorsieht, dass man sich bereits über ein Jahr vor voraussichtlichem Studienabschluss zu bewerben beginnt. In Japan wird zum 1. April jeden Jahres eine Gruppe (je nach Größe des Unternehmens bestehend aus zwischen einer bis zu hunderten Personen) frisch Graduierter eingestellt. Ich schätze die Unternehmen, die auch nach Ende des Sommersemesters (also am 1. Oktober) einstellen, auf unter 1% der Gesamtheit. Wer also im April zu arbeiten beginnen will, sollte spätestens im Januar des Vorjahres mit der Jobsuche in Japan beginnen. Auch der Ablauf eines typischen Bewerbungsgesprächs unterscheidet sich von dem europäischen Weg entscheidend, also setzt euch möglichst früh auch hiermit auseinander.
Und all dies funktioniert oft nur mit sicheren Japanischkenntnissen.
Hier eine Bemerkung am Rande: Ich habe meinen Job nicht über dieses System bekommen und kenne auch nur sehr wenige Ausländer in Japan, bei denen das der Fall war.
Ich selbst bin den anderen Weg gegangen: Ich habe auf gut Glück mehreren Recruitment Unternehmen meinen Lebenslauf (in Englisch und Japanisch) zugeschickt. Die meisten Unternehmen hatten zudem eine Online-Registrierungs-Plattform, bei der ich meine Berufsvorstellungen angeben konnte. Dadurch habe ich meinen jetzigen Job gefunden: Nach 4 Monaten kontaktierte mich eine Firma per Handy, dass sie einen Auftrag eines Unternehmens bekommen hatten, einen Communicator zu rekrutieren; wenn möglich eine/n Ausländer/in mit sehr guten Japanischkenntnissen. So kam ich also an meinen Job. Verzweifelt also nicht, wenn ihr lange keinen Erfolg habt, es gibt immer einen Weg, wenn man genug Ausdauer und Willenskraft mitbringt. In beiden Fällen ist es jedoch wichtig, vorzeitig mit der Suche zu beginnen.
Nun habe ich also wahnsinnig viele Ratschläge zum Karriereweg und Empfehlungen für Best Practices gegeben. Letztendlich sieht es aber doch so aus: Wir sind alle unterschiedlich und es gibt so viele Karrierewege wie es Menschen gibt. Gut gemeinte Ratschläge zu befolgen und seinen Bildungsweg durchzuplanen führt nicht immer dazu, dass man im Anschluss auch einen Beruf findet, der einem Spaß macht oder einem finanzielle Sicherheit gibt. Ich selbst habe meinen Bildungsweg nicht von vorne bis hinten durchgeplant. Ich habe sowohl langfristig durchdachte als auch völlig intuitive, spontane Entscheidungen gefällt. Ich habe nicht damit gerechnet, dort zu landen, wo ich jetzt bin. Aber ich bin sehr glücklich mit meiner jetzigen Situation. Hätte ich Entscheidungen anders, „besser“ und rationaler getroffen, wäre ich jetzt vielleicht woanders – vielleicht an einem Ort und in einem Beruf, mit dem ich nicht halb so zufrieden wäre, wie ich es jetzt bin.
Das hat mich gelehrt, Ratschläge meiner Mitmenschen aufzunehmen und auch aktiv zu suchen, aber auch immer darauf zu achten, dass ich dabei auf einem Weg bleibe, der zu mir passt und mit dem ich mich persönlich identifizieren kann. Für mich ist es zum Beispiel wichtig, immer in Bewegung zu bleiben und immer ein offenes Auge für sich auftuende Gelegenheiten zu haben; und diese auch zu ergreifen, wenn sie mir spannend erscheinen, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob sie langfristig gesehen profitabel sind.
Probiert viel aus und versucht, etwas zu finden, das euch Spaß macht. Man ist nie so leistungsstark und überzeugend, wie wenn man seine Aufgaben mit Leidenschaft erfüllt.