Fu-logo-text-2x
Drucken

Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft (B.A.)

Diese Seiten können nicht richtig dargestellt werden, da Sie Ihren Internet Explorer mit aktivierter Kompatibiltätsansicht verwenden. Wir empfehlen 'fu-berlin.de' aus der Liste der Websites mit aktivierter Kompatibilitätsansicht zu entfernen:

  1. Blenden Sie bitte in Ihrem Internet Explorer die Menüleiste ein, indem Sie entweder 'Alt' drücken oder in der Adressleiste mit der rechten Maustaste klicken und dann 'Menüleiste' auswählen.
  2. Klicken Sie auf 'Extras' und wählen das Menü 'Einstellungen der Kompatibilitätsansicht' aus.
  3. Wählen Sie unter 'Zur Kompatibilitätsansicht hinzugefügte Websites' 'fu-berlin.de' aus.
  4. Klicken Sie auf 'Entfernen'.

Institutsgeschichte

Peter Szondi (1929–1971), Überlebender der Shoah, in mehreren Sprachen beheimatet, leidenschaftlich engagiert für eine freie Universität in Deutschland, war der erste Professor des 1965 gegründeten Instituts für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft. Seit dem Umzug vom Hüttenweg in die Rost- und Silberlaube 2005 trägt es auch offiziell seinen Namen. Szondi orientierte sich in der Konzeption des Faches an der internationalen Komparatistik und an der kritischen Theorie der Frankfurter Schule. Das nationalgeschichtlich, wenn nicht gar nationalideologisch bestimmte Vergleichen von Literaturen reichte ihm nicht aus. Ein radikal transnationales Konzept von Literatur verband sich für ihn mit der Frage nach ästhetischen und sprachlichen Qualitäten und den strukturellen Besonderheiten von  Literatur in einem systematischen, grundsätzlichen Sinne.  Gleich nach seiner Berufung hatte Szondi darum gebeten, dass der Aspekt einer „Allgemeinen Literaturwissenschaft“ in die Bezeichnung des neuen Seminars und Studienfachs aufgenommen werde. Zur Begründung führte er aus, es gehe ihm »um eine aufs Ganze der Literatur zielende theoretische Bemühung«. Das Versprechen der Theorie war aber nicht abgelöst von einer Aufarbeitung der Geschichte. Es verstand nicht nur die Literatur selbst, sondern auch die Geschichte ihrer Wissenschaft  in ihren politischen Implikationen. Die Kritik am Missbrauch nationalphilologischer Traditionen im Nationalsozialismus trug zu dieser ideologiekritischen Haltung bei. Mit seiner spezifischen Verbindung von Theorie und ›philologischer Erkenntnis‹, von Geschichtsphilosophie und Gattungspoetik hat Peter Szondi keine akademische „Schule“ im traditionellen Sinne geschaffen, sondern einen einzigartigen Raum für eine zugleich textnahe, theoretische und gegenüber dem (hochschul-)politischen Geschehen kritische Literaturwissenschaft geprägt. Es ist kein Zufall, dass die deutschsprachige Rezeption von Jacques Derrida und Jacques Lacan von hier ausging,  dass Samuel Weber und Werner Hamacher hier wirkten.

Als Nachfolger auf Szondis Lehrstuhl (1977–1993) ergänzte Eberhard Lämmert die Schwerpunkte am Institut um Narratologie und Medienkomparatistik. Lämmert war in den 1960er Jahren einer der maßgeblichen Kritiker einer nationalsozialistischen Erblast der Germanistik. Das Institut, an dem in den 1980er Jahren zeitweise mehr als 1000 Studierende eingeschrieben waren, wurde nach Lämmerts Berufung wesentlich erweitert, 1980–1995 durch den Romanisten Peter Brockmeier, 1989–2013 durch Winfried Menninghaus, 1991-2001 durch Hella Tiedemann als außerplanmäßige Professorin sowie 1994 durch Gert Mattenklott († 2009), einen Schüler Peter Szondis. Heute lehren am Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft der Freien Universität als Professor_innen Joachim Küpper (seit 2000, Schwerpunkt Romanische Literaturen) und Irene Albers (seit 2004, Schwerpunkt Romanische Literaturen), Georg Witte (seit 2004, Schwerpunkt slawische Literaturen) und Claudia Olk (seit 2011, Schwerpunkt anglophone Literaturen), sowie  Michael Gamper (ab 2016, AVL mit Schwerpunkt deutsche Literatur). 

Professor_innen des Instituts waren und sind maßgeblich an Sonderforschungsbereichen sowie an Forschungsclustern und Graduiertenschulen der bundesweiten Exzellenzinitiative beteiligt. Dem Wirken Gert Mattenklotts verdankte das Institut den Anschluss an neue Forschungsfelder (jüdische Studien, Literatur und Anthropologie) und die initiative Beteiligung an dem Sonderforschungsbereich „Ästhetische Erfahrung im Zeichen der Entgrenzung der Künste“ (2003-2014). Winfried Menninghaus konnte federführend 2007 im Exzellenzwettbewerb deutscher Universitäten den Forschungscluster ›Languages of Emotion‹ einwerben, der bis 2014 bestand. Ziel dieses Projekts war eine transdisziplinäre, Literatur- und Kunstwissenschaften ebenso wie empirische Psychologie und Neurowissenschaften einschließende Erforschung der affektiven und emotionalen Wirkungsdimension von Literaturen und Künsten. 2010 konnte Joachim Küpper das vom European Research Council geförderte Projekt “DramaNet” einwerben, das sich der Erforschung des europäischen Dramas und Theaters der frühen Neuzeit als Massenmedium widmet.

Was die inspirierende intellektuelle Atmosphäre des Instituts betrifft, erinnert sich Winfried Menninghaus: »Es wurde Wert darauf gelegt, aus students keine disciples, keine Proselyten irgendeiner einzig wahren ›Lehre‹ oder gar Methode zu machen, sondern ihnen dabei zu helfen, hochindividuelle Profile des literaturwissenschaftlichen Denkens und Schreibens auszuprägen«.

Zum 50jährigen Jubiläum wurde die Institutsgeschichte durch Studierende aufgearbeitet. Die Ergebnisse der Archivrecherchen und Interviews mit Zeitzeugen sind nachzulesen in dem Band:
Albers, Irene [Hg.]: Nach Szondi. Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin 1965–2015, Berlin: Kulturverlag Kadmos, 2015.