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Dr. Jacob Klingner, Acquisitions Editor Medieval and Early Modern Studies, Verlag Walter de Gruyter
Stellen Sie Ihren Beruf kurz vor: Wie sieht Ihr Berufsalltag aus (typische Tätigkeiten, Arbeitszeiten etc.)?
Ich betreue als „Acquisitions Editor“ – also Lektor, der für die Zusammenstellung des Programms zuständig ist und die fachwissenschaftlichen Fragen im Lektorat verantwortet – den Bereich für Mediävistik und Frühe Neuzeit beim Verlag De Gruyter. Ich bin verantwortlich für ca. 50 neue Buchpublikationen pro Jahr, fünf Zeitschriften und eine Datenbank. Die fachlichen Schwerpunkte der Publikationen liegen dabei in der historischen Sprachwissenschaft, der germanistischen Literaturwissenschaft und der mediävistischen Geschichtswissenschaft – jeweils mit interdisziplinären Öffnungen.
In der Betreuung von der Konzeptionsphase bis hin zum fertigen Buch arbeite ich hier im Haus mit vielen Kollegen zusammen, die eigene spezialisierte Aufgabenbereiche haben (Projektmanagement, Herstellung, IT, Marketing, Vertrieb und Auslieferung). Meine Funktion ist die eines Schnittstellenmanagers zwischen Verlag und Wissenschaft: Ich kommuniziere mit den Wissenschaftlern und gleichzeitig mit den an der Umsetzung beteiligten Verlagskollegen, vermittle bei besonderen Wünschen oder Konflikten und versuche, die Zusammenarbeit für beide Seiten möglichst fruchtbar zu machen. Es ist meine Aufgabe, den Wissenschaftlern das (oft sehr dynamische) verlegerische Handeln zu erklären und zugleich sensibel zu sein für neue Entwicklungen innerhalb der betreuten Fächer. Eigenständigere konzeptionelle Arbeit kann ich nur bei einem Teil der Titel und Produkte leisten – etwa in der Planung von neuen Studienbüchern, größeren Referenzwerken oder Datenbanken.
Konkret schreibe ich vor allem Mails und Briefe und telefoniere, daneben sind Gespräche bei persönlichen Treffen (im Verlag, auf Veranstaltungen oder Tagungen) ein wichtiger Bestandteil meiner Arbeit. Autoren oder Reihenherausgeber von Buchreihen schicken mir Exposés oder fertige Manuskripte, die ich mir kurz anschaue. Seltener lese ich komplette Manuskripte und gebe detaillierte Rückmeldungen – meist organisiere ich solche Bewertungs- und Korrekturprozesse nur. In der Anschubphase stelle ich sicher, dass die betriebswirtschaftliche Kalkulation jedes Titels auf sicheren Füßen steht und helfe den Autoren bei der Beantragung von Druckkostenzuschüssen. Ich muss die Terminplanung im Blick haben und ggf. steuern (mahnen, bremsen), was das bei den unvorhersehbaren Produktionsprozessen in der Wissenschaft allerdings eine komplizierte Aufgabe ist. Vor der Publikation muss ich (ebenso wie die beteiligten Autoren und Herausgeber) die Manuskripte, Cover, Werbetexte aus fachlicher Sicht freigeben. Nach der Publikation bleibe ich erster Ansprechpartner der Autoren und Herausgeber, was Ihre Titel betrifft (etwa zu Fragen des Vertriebs, der Lagerhaltung, des Nachdrucks, der Lizenzierung und Übersetzung).
Meine Arbeitszeiten sind flexibel, ich kann mir meine Arbeit weitgehend selbst einteilen. In der Regel bin ich zwischen 9:30 und 17:30 Uhr im Büro, um dort für Anfragen von Autoren sowie für Absprachen und Besprechungen mit Kollegen zur Verfügung zu stehen. Häufig nehme ich darüber hinaus an Abendveranstaltungen teil. Etwa 40 Tage im Jahr verbringe ich auf Reisen im Verlagsauftrag: Ich besuche kleinere und größere Fachtagungen im In- und Ausland, oft auch am Wochenende bzw. konzentriert auf die Semesterferienmonate (März/April; September). Dort höre ich mir Vorträge potentieller Autoren an, stehe für Gespräche zur Verfügung und betreue Büchertische des Verlags.
Warum haben Sie sich seinerzeit für dieses Studium der Deutschen Philologie entschieden?
Mir waren die historischen Dimensionen von Sprache und Literatur wichtig: Ich wollte wissen, wie unsere Sprache, unsere Speicherungs- und Kommunikationsmedien und unsere Kunst so geworden sind, wie sie sind. Daher habe ich mich gleich zu Beginn des Studiums für eine sehr deutlich sprach- und literaturgeschichtliche Ausrichtung und für das Fach „Ältere deutsche Philologie“ entschieden. Ich habe über meine Nebenfächer „Neuere deutsche Literatur“ und „Philosophie“ die Gegenwart nie aus den Augen verloren, habe aber meine Wahl für das Hauptfach nie bereut. Ich habe es als Privileg betrachtet, dass ich mich um das „kulturelle Erbe“ kümmern durfte; ich hatte selten die Erfahrung überlaufener Seminare oder Sprechstunden; ich habe die überschaubarere, fast familiäre Atmosphäre des Teilfaches Mediävistik genossen.
Wann haben Sie sich für Ihren aktuellen Beruf entschieden und haben sich Ihre Erwartungen daran, ggf. aus Ihrer Zeit als Studierender erfüllt?
Ich hatte immer schon Freude am Lesen und an Büchern. Im Studium habe ich mich relativ früh mit mittelalterlichen Handschriften beschäftigt und mit der Frage, warum welche Texte in dieser oder einer anderen Form aufgezeichnet und vervielfältigt werden. Meine Magisterarbeit und danach meine Doktorarbeit hatten den Wechsel von der handschriftlichen Überlieferung zur Drucküberlieferung und frühe Verlagsgeschichte im 15. und 16. Jahrhundert zum Thema. Es war nur natürlich, dass ich auch die moderne Verlagswelt ständig im Blick hatte und mehrere Praktika in Verlags-/Redaktionskontexten gemacht habe.
Für den Beruf des Lektors habe ich mich allerdings sehr spät entschieden: Ich habe nach meiner Doktorarbeit jahrelang als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Forschungsprojekten und als wissenschaftlicher Assistent an verschiedenen Lehrstühlen in ganz Deutschland verbracht. Die intensive eigene wissenschaftliche Tätigkeit, umfangreiche Publikationserfahrung und mein großes Netzwerk von Kollegen haben mich erst dazu befähigt, die Rolle als Lektor im Wissenschaftsverlag auszufüllen. Als Vermittler von Wissenschaft und Publikationswesen in einer Zeit großer medialer und wirtschaftlicher Umbrüche sehe ich mich genau am richtigen Ort.
Was ist Ihrer Meinung nach das Wichtigste, das Sie während des Studiums für Ihren aktuellen Beruf gelernt haben?
Ich habe seit dem ersten Semester mit mehreren KommilitonInnen Hausarbeiten ausgetauscht, gegengelesen und konstruktiv kritisiert. Ein Freund, der dann eine ganz andere fachliche Richtung eingeschlagen hat, hat mich auf diese Weise von der ersten Hausarbeit bis zur Doktorarbeit begleitet – und ich ihn!
Dabei habe ich zweifach gelernt: zum einen beim Blick auf die fremde Arbeit, zum anderen beim Feedback zu meinen eigenen Texten. Die Schlüsselwörter sind hier „Distanz“ (zu den Inhalten, zu Lieblingsformulierungen, zu eigenen Eitelkeiten) und „Detail“ (Aufmerksamkeit für Punkte und Kommas, formale Einheitlichkeit).
Welche Zusatzqualifikationen sollte man schon während des Studiums erwerben, die für Ihren jetzigen Beruf nützlich oder essentiell sind?
Kommunikationsfreude, Sprachgefühl und diplomatisches Geschick kann man nur begrenzt als ‚Zusatzqualifikationen‘ erwerben, aber ohne diese drei Fähigkeiten kann man den Beruf eines Lektors nicht ausüben.
Praktika im Verlagsbereich sind unverzichtbar, wenn man sich später auf ein Volontariat oder eine Stelle als Lektor bewerben möchte. Genauso unverzichtbar sind sichere Anwenderkenntnisse der üblichen Bürosoftware (Tabellenkalkulationen!).
Hilfreich ist es, wenn man auf Erfahrungen in der Manuskriptkorrektur zurückgreifen kann – egal ob man sie als Hilfskraft (etwa in der Mitarbeit an einem Sammelband) oder freiberuflich erworben hat. Ebenfalls hilfreich sind Kenntnisse im Projektmanagement.
Ein echter Vorteil ist der Nachweis, dass man in einer fremden Sprache zurechtkommt (Auslandsstudium/Auslandspraktikum, ggf. fremdsprachliche Publikationserfahrung).
Gibt es etwas im Studium, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Im ersten Semester hat ein Dozent gesagt, dass wir im Studium der Germanistik eigentlich pro Tag 100 Seiten lesen müssten – und ich habe dann jahrelang (erfolgreich oder nicht) versucht, das umzusetzen. Heute verfolgt mich das immer noch, manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich nicht ganz auf meine Quote komme!
Welchen Rat würden Sie Studienanfänger*innen geben, die später ebenfalls Ihren Beruf ausüben möchten?
Leider gibt es keine guten oder sicheren Karriereaussichten für Lektoren. Die Publikationsbranche ist im Umbruch, das gilt für Publikumsverlage ebenso wie für den Bereich des wissenschaftlichen Publizierens. Die Bücherwelt vergangener Jahrhunderte wird abgelöst durch Inhaltsmanagement, durch Einspeisung und Prozessierung von Informationen in verschiedenen Ausgabeformen und Kanälen.
Man sollte daher nicht einem romantischen Bild vom stark inhaltlich arbeitenden, schöngeistigen Lektor nachhängen und hoffen, irgendwo ein holzvertäfeltes Büro ergattern zu können, in dem man in Ruhe seine Manuskripte lesen kann. Verlage sind Wirtschaftsunternehmen, die nur bei großer Effizienz und genauer Marktkenntnis überleben können. Daher ist neben dem Blick für die Sache, für Texte und ihre Strukturen, ein Grundverständnis von Technik, modernen Medien und vor allem von wirtschaftlichen Zusammenhängen wichtig. Über allem steht die Fähigkeit, pragmatische Entscheidungen treffen und diese gut an alle Beteiligten kommunizieren zu können.