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Geschichte und Kultur des Vorderen Orients (B.A.)

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Die neupersische Dichtung (Iranistik)

Begegnen erste Fragmente neupersischer Dichtung bereits im späten 7. und 8. Jh., so liegt der Aufstieg des Neupersischen zur Literatursprache Irans erst im 9. Jh. Beheimatet ist diese zunächst an Fürstenhöfen, insbesondere an den Höfen des nord-ostiranischen Raumes (Xoarasan). Es bildet sich zunächst ein quantifizierendes metrisches System aus (s.u. das Bsp.). Ab dem 11. Jh. entwickelt sich sodann eine komplexe Metaphorik und Figurenlehre, die für die Dichtung der ‚Hochklassik‘ (z.B. Nizami, Hafiz) und der späteren Zeit (16. bis 19. Jh.) obligat blieb.

Die neupersische Metrik

Die neupersische Metrik beruht nicht auf einer qualitativen Unterscheidung der Silben (schwer / leicht), sondern auf einer quantitativen Unterscheidung (lang / kurz). Sie differenziert in folgende Silbenlängen (dabei steht K für Konsonant, V für kurzer Vokal und V̄ für langer Vokal):

    • KV = kurz ( v )
    • KV̄ = lang ( _ )
    • KVK = lang ( _ )
    • KVKK = überlang ( _ v )
    • KV̄K = überlang ( _ v )
    • KV̄KK = überlang ( _ v )

Folgende grundsätzliche Regeln gelten nun in der klassischen Dichtung:

  1. alle Verse eines Gedichtes müssen dieselbe Sequenz an langen/kurzen Silben aufweisen,
  2. die Silbengrenzen folgen der natürlichen Sprechordnung (sab/ze; se/pehr),
  3. überlange Silben haben den metrischen Wert ‚lang + kurz’,
  4. die letzte Silbe einer Verszeile ist im Wert frei,
  5. eine initiale Silbe, die mit einem Vokal beginnt (z.B. andar), wird (wenn sie nicht an das vorangehende Wort angebunden wird) lang gemessen,
  6. silbenschließendes ‚n’ wird bei langen Silben in der Messung nicht berücksichtigt.

Folgende Lizenzen gelten:

  1. schließendes ‚e’ bzw. ‚-e’ ist wahlweise kurz oder lang (sabze oder sabzē; dūst-e oder dūst-ē),
  2. die Konjunktion „und“ ist wahlweise kurz oder lang (‚o’ oder ‚ō’),
  3. schließt ein Wort mit Konsonant und beginnt das nächste mit Vokal, so können beide verbunden werden (sepehr andar > sepeh randar),
  4. schließt ein Wort mit Vokal und beginnt das nächste mit Konsonant, so können beide verbunden werden (xeyme (a)st > xey-mest); schließendes ‚ī’ kann dabei als ‚iy’ gelesen werden (yārī az > yāri-yaz).
Messen Sie nach dem Lesen der Regeln und Lizenzen der klassichen Dichtung die folgenden Verse aus einem Gedicht von Farroxī (10./11. Jh.). Wo eine Silbe mehrere Messungen zuläßt, messen Sie diese zunächst als X. Vergleichen Sie anschließend alle 6 Verszeilen. Löschen Sie dann die Variablen (X) bestimmter Positionen durch Vergleich mit den entsprechenden Positionen in anderen Verszeilen (d.h.: wenn Verszeile A z.B. eine Folge _ X _ _ aufweist, Verszeile B aber eindeutig _ v _ _ zeigt, dann ist _ v _ _ der im gesamten Gedicht gültige Wert).

 

sabze andar sabze bīnī cun sepehr andar sepehr

Grünes in Grünem siehst du, wie Himmel in Himmel,

 

xeyme andar xeyme bīnī cun ḥeṣār andar ḥeṣār

Zelte in Zelten siehst Du, wie Burgen in Burgen.

 

har koǧā xeyme (a)st xoftē ʿāšeqī bā dūst-e mast

Überall ist ein Zelt, schlafend ein Verliebter mit trunk’nem Freund,

 

har koǧā sabze (a)st šādān yārī az dīdār-e yār

überall ist das Grün, fröhlich die Liebe vom Anblick des Geliebten.

 

sabzehā por bāng-e cang ō moṭrebān-ē carb dast

Wiesen voll Harfenklang und virtuoser Musikanten,

 

xeyme-hā bā bāng-e nūš ō sāqiyān-e mey-gosār

Zelte mit dem Klang des Trunks und weinbringender Schenken.

 

Welche Metrik weist das oben gezeigte Gedicht auf?

Die richtige metrische Auflösun der sechs Zeilen ist:

 

sabze andar sabze bīnī cun sepehr andar sepehr

_ v X _           _ v X _          _ v _ _            _ v _

Grünes in Grünem siehst du, wie Himmel in Himmel,

 

xeyme andar xeyme bīnī cun ḥeṣār andar ḥeṣār

_ X _ _          _ X _ _          _ v _ _           _ v _

Zelte in Zelten siehst Du, wie Burgen in Burgen.

 

har koǧā xeyme (a)st xoftē ʿāšeqī bā dūst-e mast

_ v _ _           _ v _ X          _ v _ _           _ v _

Überall ist ein Zelt, schlafend ein Verliebter mit trunk’nem Freund,

 

har koǧā sabze (a)st šādān yārī az dīdār-e yār

_ v _ _          _ v _ _           _ X _ _          _ v _

überall ist das Grün, fröhlich die Liebe vom Anblick des Geliebten.

 

sabzehā por bāng-e cang ō moṭrebān-ē carb dast

_ v _ _           _ X _ X          _ v _ X          _ v _

Wiesen voll Harfenklang und virtuoser Musikanten,

 

xeyme-hā bā bāng-e nūš ō sāqiyān-e mey-gosār

_ v _ _           _ X _ X          _ v _ X          _ v _

Zelte mit dem Klang des Trunks und weinbringender Schenken.

 

Die richtige Auflösung der Variablen (X) ergibt die metrische Folge Nr. 3:

_ v _ _            _ v _ _           _ v _ _           _ v _